Wir stehen am Beginn der Data-Economy – zumindest was Internet und Werbung anbelangt. Ein immer grösser werdender Anteil der Online-Display-Werbung wird anhand von qualifizierenden Daten gesteuert, Zielgruppen werden über gemessene Daten ermittelt und neu justiert, Websites werden anhand von Nutzungsdaten neu gestaltet und optimiert.
Einige der erfolgreichsten Online-Companies sind Daten-Companies – Google ist dabei sicherlich an erster Stelle zu nennen, aber auch Facebook, Twitter, Yahoo usw. Hinzu kommt, dass viele Firmen die bisher Ihre Datenschätze nicht beachtet und teilweise unbedarft verschleudert haben langsam den Goldschatz erkennen, auf dem sie sitzen – und beginnen über Monetarisierungsmodelle nachzudenken. Dies ist zum Beispiel bei Online-Vermarktern der Fall, die in der Krise zu realisieren beginnen, dass sie online etwas generieren können, wozu es in klassischen Medien Heerscharen von Marktforschern bedurfte: Daten über die Zielgruppe. Ein Managing Director einer grossen Media-Agentur sagte kürzlich in einem Gespräch:
„Vermutlich wird unser zukünftiges Geschäftsmodell das Arbeiten mit Daten sein und nicht mehr Media-Einkauf und Planung“.
Daten sind vor allem nicht etwa nur ein neues Gut, das ins Spiel kommt, sondern in der Regel eher ein Katalysator für das bestehende Geschäftsmodell. Ein Vermarkter kann plötzlich zur ausgelieferten Kampagne einen passenden Zielgruppenreport liefern, der detaillierte Informationen über die innere Zusammensetzung der Zielgruppe enthält. Eine Media-Agentur beginnt aus dem, was sie eh jeden Tag tut, Insights abzuleiten und generalisierbare Modelle zu bilden und wird darüber zum Strategieberater des Kunden. Einfache Websites die sich bisher mühevoll mit lustlosen Vermarktungsverträgen über Wasser halten konnten sind plötzlich hochgeschätzte Datenpartner, weil sie an anderer Stelle helfen können, Werbung effizienter auszuliefern. Kreativ-Agenturen entdecken die Möglichkeit Kundenwebsites intelligent auf Besucher reagieren zu lassen, indem sie mit Datenpartnern zusammen arbeiten.
Die Kette der Beispiele liesse sich nahezu beliebig verlängern – Daten werden in Zukunft eine Art Treibstoff der digitalen Ökonomie werden. Welches ungeheure Momentum darin liegt, sieht man übrigens, wenn man versucht den Erfolg von Google en detail zu analysieren. Dabei spielen sicherlich eine ganze Reihe von Faktoren eine Rolle, unter anderem ein kluges Bidding-System, ein paar wichtige Design-Entscheidungen usw. – aber ohne Zweifel ist die uneinholbare Stärke dieses Anbieters im wesentlichen auf die hocheffiziente Generierung und Nutzung von Daten zurückzuführen – übrigens nicht nur über das Nutzungsverhalten und die Präferenzen der Internet-User, sondern in allen Geschäftsbereichen (wie z.B. in der intelligenten Organisation von Rechenleistung, so dass Rechenzentren plötzlich ohne Kühlung auskommen).
Zunehmend wird der Wert digitaler Daten erkannt, und es entstehen explizite Geschäftsmodelle die dem auch Rechnung tragen. So hat z.B. bluekai in den USA ein schnell wachsendes Geschäft als Daten-Marktplatz etabliert, bei dem Partner Daten einspeisen können und andere sich aus dem Pool gegen Nutzungsgebühren bedienen können.
Natürlich spielt dabei – insbesondere in Europa – die konsequente Einhaltung des Datenschutzes eine ganz besondere Rolle. Allerdings ist das leichter gesagt als getan – denn das Konzept des Datenschutzes muss auch ständig auf die neuen technischen Möglichkeiten angepasst werden – der Datenschutz muss mitwachsen und idealerweise in den Geschäftsmodellen der Anbieter selbst direkt als ein zentraler Parameter mitgedacht werden. Aber nicht nur das – auch die Haltung der User im Hinblick auf Ihre Daten ändert sich rasant. Social Networks sind nichts anderes als Datenmarktplätze von User zu User – häufig auch schon von Advertiser zu User. Die Datenschutzkonzepte müssen auch diesem Umstand Rechnung tragen, also der Tatsache, dass User nicht mehr nur geschützt werden müssen sondern auch bereit sind aktiv mit Ihren Daten umzugehen.
Money is data
Wired hat in der letzten Ausgabe getitelt „Money wants to be free“. Die Autoren legen dar, dass die bestehenden, bankzentrierten Zahlungssysteme im Internet zunehmend obsolet werden und digitale Geschäftsprozesse nach neuen Möglichkeiten verlangen Geld von A nach B zu transferieren. Dies sollte auch mit kleinen und kleinsten Beträgen funktionieren, nicht an Landes- und Währungsgrenzen scheitern und auch so schnell funktionieren wie die digitale Gesellschaft es erfordert. Zugleich gibt es schon seit längerem die Entwicklung, dass Geld immer virtueller, letztlich digitaler wird. Das ist natürlich im Inter-Banken-Geschäft (auch so ein Wort, dass man vor 2 Jahren noch nicht gekannt hat) schon längst der Fall. Aber auch der Endkunde beginnt sich an EC-Cash, Kreditkartenzahlung, Paypal usw. zu gewöhnen. Mit der Digitalisierung des Geldes sinken naturgemäss die Transaktionskosten, aber auch Kosten für Geldtransport, Sicherheitsfirmen usw. – ohne dass das bisher wirklich beim User ankommt, denn wenn Anbieter wie itunes nicht Kunstgriffe machen würden indem sie mehrere Micro-Payments bündeln, wäre die Kreditkarte nach wie vor ein völlig inadäquates Bezahlmittel im Internet.
Aber es passiert etwas an dieser Front, die Macht der Banken und Kreditkartenkonzerne beginnt zu bröckeln. Nur zwei faszinierende Beispiele seien genannt:
1. flattr
flattr ist ein Service zur freiwilligen Bezahlung von Content im Internet – der User führt einen Fixbetrag mit sich herum und verteilt über den Monat verteilt Punkte auf Angeboten und Texten die ihm gefallen. Am Ende wird der eingezahlte Betrag auf die angeschlossenen Angebote verteilt. Spannend ist dabei dass es sich um ein hybrides Zahlungs-System handelt das klassische Geldströme mit einer digitalen Währung verbindet. Vor allem aber ist die digitale Währung eigenständig – ein flattr-Klick kann 10cent aber auch 10 EUR bedeuten. Es gibt keine Zinsen und keine Bereitstellungsgebühren. Es ist persönlich und social. Irgendetwas zwischen cash und smileys.
2. x.com
Etwas klassischer im Ansatz, aber vielleicht mit umso vielmehr Sprengkraft kommt dieser Service. Hinter x.com verbirgt sich die Developer-Community von Paypal. Denn Paypal hat sich – vergleichbar mit der Öffnung von Facebook im Rahmen der F8-Initiative – den Entwicklern geöffnet und eine API veröffentlicht inkl. Entwicklertools etc.
Entwickler können also mit x.com eigene Anwendungen entwickeln die Bezahlpunktionen und virtuelle Währungen enthalten. Wow.
Die Überweisung der Zukunft: ein http-link
Was mit diesen Services – insbs. flattr – sehr deutlich wird, wenn man sich mal kurz zurücklehnt, ist die Tatsache dass „data is money“ und „money is data“ wirklich zunehmend aufeinander konvergieren. Denn was ist der Unterschied, ob ich für einen http-link der die Information enthält, dass ich mich für einen Kleinwagen interessiere digitales Geld erhalte, oder ob ich mit einem http-link einem Angebot mitteile, dass ich ihm Geld „überweisen“ möchte wie es bei flattr der Fall ist? Richtig. Es ist kein Unterschied.
Geld ist in der neuen Data-Economy einfach nur ein bestimmter Datentyp. Nicht mehr und nicht weniger.