Werbung soll wirken – eine Marke bekannt machen, ein neues Produkt hervorheben oder eine Kaufentscheidung herbeiführen. In jedem Fall müssen die Gehirne der Kunden irgendwie erreicht werden – manchmal auch die Herzen.
Die Anzahl der Kontakte eines Users mit dem Werbemittel spielt dabei eine wichtige Rolle. Vereinfacht gesagt ist es so: Eine zu geringe Kontaktdosis ist Verschwendung, weil Werbung so nicht wahrgenommen wird und entsprechend keine Wirkung entfacht. Eine zu hohe Kontaktdosis verschwendet ebenfalls, denn sie überschreitet ab einem bestimmten Punkt den Zenit der maximal erreichbaren Wirkung. Im schlimmsten Fall ist der Kunde nach zu vielen Einblendungen genervt. Die optimale Kontaktdosis wird zwischen drei und acht Kontakten gesehen – je nach Kampagne und Wirkungsziel.
Doch wie so oft im Online-Marketing sind die technischen Möglichkeiten zugleich Segen und Fluch. Ein Segen, weil es in keinem anderen Medium so genau möglich ist, die Kontaktdosis zu steuern. Ein Fluch, weil man mit der gleichen Genauigkeit sehen kann, wie die Kontakte sich tatsächlich verteilen. Und da zeigt sich häufig ein ziemliches Desaster.
Meistens zeigt sich eine typische Badewannenkurve, denn viele User erhalten zu wenige Kontakte, als dass damit eine Wirkung entfaltet werden könnte. Eine andere Gruppe hingegen erhält – und das teils deutlich – zu viele Einblendungen, die damit gut sichtbar herausgeworfenes Geld darstellen. Zu geringe Kontaktdosen sind dabei das gravierendere Problem, da hier die Wirkung völlig ausbleibt: Ein unerwünschter Gießkanneneffekt, bei dem Kontakte verdunsten, ohne zu wirken.
Dieses Problem wird übrigens auch auf dem US-Markt als gravierend betrachtet. In einem lesenswerten Artikel von Tom Hespos wird die Entwicklung von „Reach, frequency und GRP forecasting tools“ als eine der Hauptanforderungen an die Online-Branche gesehen, um insbesondere dem Display-Geschäft wieder auf die Beine zu helfen.
Frequency Capping
Für eines der beiden Kontaktklassenprobleme wurde eine ziemlich smarte Lösung entwickelt, die sich großer Beliebtheit erfreut und ohne die heute kein Ad-Server mehr anzutreten braucht: das ‘Frequency Capping’.
Hier wird einfach in einem speziellen Kampagnen-Cookie aufgezeichnet, wie oft ein bestimmtes Werbemittel bereits gesehen wurde. Ist eine eingestellte Maximalzahl erreicht, werden weitere Einblendungen unterbunden.
Frequency Boosting löst das wichtigere Problem
Aber was ist nun mit dem anderen Problem? Was ist mit den vielen Usern, bei denen die Werbebotschaft ganz und gar verpufft, weil insgesamt zu wenige Einblendungen erzielt werden? Auch dieses Problem ist mit den Mitteln des Online-Marketings lösbar. Da man User nicht zwingen kann, Kampagnen mehrfach zu sehen, ist die Lösung allerdings nicht ganz so einfach.
Frequency Boosting erfordert darum eine neue Technik, die den Möglichkeiten des Predictive Targeting entlehnt wurde. Man muss ein statistisches Modell bemühen und so für jeden User errechnen, ob er mit ausreichenden Werbemittel-Kontakten in Berührung kommen kann. Die Vorhersage besagt also im Prinzip nur, ob der User im zu buchenden Umfeld innerhalb des Kampagnenzeitraums ausreichend häufig „vorbeikommen“ wird. Wenn dem so ist, kann man ihn auch mit der angezielten Kontaktdosis versorgen. Eine solche Hochrechnung muss zudem in Echtzeit erfolgen, denn der Ad-Server darf ja gar nicht erst anfangen, User mit dem Werbemittel zu konfrontieren, bei denen die erforderliche Dosis nicht erreicht werden kann.
Diese Methode unterscheidet sich übrigens grundsätzlich von Re-Targeting Ansätzen, die auch verwendet werden, um das Problem zu lösen (vgl. z.B. das Interview mit Mario Gebers von adbalance in adzine). Beim Re-Targeting ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen und man versucht es wieder hochzuziehen, was häufig ein mühsamer, schwer kontrollierbarer und zeitraubender Prozess ist. Frequency Boosting zieht gleich einen Zaun um den Brunnen.
Das Hochrechnungsverfahren hinter Frequency Boosting ist eine Spezialform des Predictive Targeting und führt zu signifikanten Verbesserungen in den erzielten mittleren Kontaktdosen für eine Kampagne.
Mit dem Frequency Boosting wird also das wichtigere Problem in der Kontaktklassenoptimierung gelöst und der unerwünschte Gießkanneneffekt, bei dem zu viele User zu wenige Kontakte bekommen, bleibt aus.